Stellungnahme von Pfarrer Thumm zum Antrag auf Abberufung
Zum Antrag auf Abberufung nehme ich wie folgt Stellung:
Ich halte den Antrag für unbegründet und willkürlich. Im Folgenden werde ich darlegen, dass das Presbyterium seit längerer Zeit versucht, Argumente für die Ungedeihlichkeit des Verhältnisses zu konstruieren und die Situation der Ungedeihlichkeit provokativ herbeizuführen.
Sei längerer Zeit ist in der evangelischen. Kirchengemeinde Eitorf ein tiefer Riss zu beobachten. Der zeitliche Beginn der Bildung zweier Fraktionen in der Gemeinde lässt sich schon kurz nach dem Dienstantritt meiner Kollegin, Frau Pulwey-Langerbeins, ausmachen. Bereits drei Monate nach Beginn ihrer Eitorfer Tätigkeit erklärte sie meiner Frau unmittelbar nach Rückkehr aus unserem Erholungsurlaub: „Ihr Mann ist hier nicht mehr zu halten!“ Sie hatte in unserer Abwesenheit eine Intrige angezettelt. Das tut sie seither immer in unserer Abwesenheit. In Schreiben an den Superintendenten beschuldigte sie mich damals, ich hätte einen behinderten alten Menschen aus der Wohnung geworfen. Eine damalige Sekretärin im Gemeindeamt sowie den Hausmeister zog sie mit in diese Angelegenheit mit der Absicht, hauptamtliche Mitarbeiter gegen mich aufzubringen. In der Folge wurde ein Disziplinarverfahren gegen mich eröffnet. Ich war gezwungen, einen Anwalt zu nehmen, um die schlimmen Vorwürfe zu entkräften. Dennoch ließ die Kirchenleitung das Disziplinar-Verfahren gegen mich 4 Jahre in der Schwebe, um es dann einzustellen.
Auch die Gemeindemitglieder wurden gegen mich aufgebracht. Wie ich schnell feststellte, bestand und besteht die Hauptaktivität meiner Kollegin darin, bei jedem Hausbesuch, ob Trauerfall, oder Geburtstag, in jedem Gemeindekreis, ob Hauskreis, oder Kinderspielgruppe, ob Frauenhilfe (in der sie mich nur dann und wann vertrat), zu klagen, dass und wie der Kollege sie, die arme kleine Frau, unterdrückte. Meine Frau und ich bemerkten das daran, dass Menschen in der Gemeinde, zu denen wir bis dahin einen guten und herzlichen Kontakt hatten, plötzlich verändert waren, zurückhaltend wurden und sich irgendwann abwandten. Wenn Senioren mit ihr in eine 10-tägige Freizeit fuhren, waren sie hinterher umgepolt, als hätten sie eine Gehirnwäsche durchgemacht. Auf die Arbeit im Presbyterium hatte dies zunächst noch keinen Einfluss. Ich hatte weiterhin als Vorsitzender die volle Unterstützung. Abstimmungen erfolgten in aller Regel einstimmig.
Auf eine Änderung dieser Situation arbeitete Frau Pulwey-Langerbeins zielstrebig hin. In dem frommen Hauskreis, der sich am Rande der Gemeinde gebildet hatte, und für den ich theologisch ein rotes Tuch war, suchte sie und fand sie ihre erste Hausmacht. Die Arbeit im Presbyterium änderte sich schleichend. Ohne sachlich überzeugende Argumentation stimmten einzelne Presbyter nun öfter gegen meine Vorschläge. Eine Presbyterin drückte dies vor drei Jahren im Frauenkreis wie folgt aus: „Der hat sich immer durchgesetzt. Jetzt muss er endlich einmal bestraft werden“. Der Konflikt war da und wurde durch die beiden Pfarrer personifiziert. Die Landeskirche schaltete sich in den Konflikt ein. Die beiden Pfarrer bekamen eine Supervision verordnet.
Es gab gemeinsame Konferenzen im Landeskirchenamt. Ich habe dort in aller Offenheit in Gegenwart meiner Kollegin zu Protokoll gegeben, dass und wie sie in der Gemeinde intrigiert. Die amtlich bestellten Konfliktmanager halfen nicht wirklich weiter: Ihre Lösung lautete, die beiden Pfarrer müssen lernen, miteinander in der Gemeinde zu leben und zu arbeiten, oder beide werden abberufen. „Win-win-Situation“ nannte dies Superintendent Corts. Diese Ankündigung schwebte fortan wie ein Damoklesschwert über mir. Entweder ich schweige fein stille und ertrage alles klaglos, oder ich werde mit dieser Frau zusammen die Gemeinde verlassen müssen – auch ohne Schuld.
Wir, meine Frau und ich, arbeiteten mit voller Kraft weiter in der Gemeinde. Alles wurde immer komplizierter. Für Jugendfreizeiten in der Öffentlichkeit zu werben, ist höchst problematisch, wenn die eigene Kollegin in ihren Gruppen (Katechumenen, Konfirmanden, Jugendgruppe) dagegen arbeitet: „Da sollte man nicht mitfahren, da wird nur gesoffen“ (in den Gruppen); „Für mich ist das keine christliche Freizeit“ (so im Presbyterium in meiner Abwesenheit). Schwieriger wurde es, die Zahl der Gottesdienstbesucher zu halten oder gar zu erhöhen.
Die Lage schien sich zu ändern, als in der Nacht zum 4. Advent 2002 unsere Kirche ausbrannte. Frau Pulwey-Langerbeins hatte den Abendgottesdienst. Eine der Kerzen am 4 Wochen alten Adventskranz wurde nicht sachgemäß gelöscht. Vor mir lag die Aufgabe, die Kirche wieder aufzubauen. Eine Initiative oder gar Unterstützung durch meine Kollegin gab es nicht! Nicht einmal das geringste Interesse war zu beobachten. Beim Wiederaufbau der Kirche wurden alle Beschlüsse im Presbyterium einvernehmlich gefasst. Die meisten Vorschläge für die Neugestaltung kamen von mir. Manche großen Kunstprojekte – die Primarstücke, vom Bildhauer geschaffen, die neue Pfeifenorgel, die Kirchenfenster, brauchten längere Zeit. Aber am Ende wurde immer einmütig, meist sogar einstimmig entschieden.
Der Wiederaufbau der Kirche fand ein großes Echo in der Öffentlichkeit. Presse, Rundfunk, Fernsehen berichteten regelmäßig. Vielleicht stand da meine Person zu sehr im Vordergrund. Festzustellen war, irgendwann schlug aus für mich ungeklärten Gründen die Stimmung im Presbyterium um. Eine Mehrheit stimmte immer häufiger gegen meine Anträge. Im Jahr 2007 entschloss ich mich dann, den Vorsitz im Presbyterium abzugeben. War der Konflikt bis dahin nur einer kleineren Gruppe in der Gemeinde bewusst gewesen, wurde er nun für alle deutlich.
Meine Hoffnung, mit meinem Rücktritt zur Entspannung der Lage beizutragen, wurde enttäuscht. Im Gegenteil, danach eskalierte die Situation. Von mir über drei Jahrzehnte mit großem Erfolg durchgeführte Projekte wie Jugendfreizeiten, 16 Jahre Neujahrsempfang und anderes wurden eingestellt. Es gab Predigtverbot. Diensträume im privat errichteten neuen Haus wurden nicht anerkannt. Die Arbeitsmöglichkeiten in der Gemeinde wurden durch Formalien mehr und mehr beschnitten: “Einen Gottesdienst im Freien dürfen Sie nur abhalten, wenn wir dies genehmigen. Das tun wir aber nicht”. Presbyter wurden in meinen Gottesdiensten nicht mehr gesehen. Zeitgleich wurde, offensichtlich durch Presbyter, in der Gemeinde das Gerücht gestreut, beim Bau meines Privathauses habe es finanzielle Unregelmäßigkeiten gegeben. Als dieses Thema bei einem von mir initiierten Vermittlungsgespräch mit dem Presbyterium im Jahr 2007, das unter Leitung des ehemaligen Presbyters Fritz Gotter und eines Mitglieds des KSV, Herr Kreysern, in Anwesenheit von Superintendent Corts stattfand, von der Presbyteriumsvorsitzenden Frau Henschel erwähnt wurde, – dahinter stand die klare Absicht, den in diesem Treffen angestrebten Neuanfang zu torpedieren – erklärte der Superintendent mit Stentorstimme, er müsse „sofort am Montag Morgen dienstaufsichtlich gegen mich vorgehen“. Ich kam übrigens nicht zu Wort. Nach einer kurzen schriftlichen Stellungnahme von mir gegenüber der Kirchenleitung war die Sache erledigt, sie war ja schließlich auch gegenstandslos. Auch wenn sich der Superintendent bei mir danach im persönlichen Gespräch für sein Verhalten entschuldigt hat, wem nützt es? – der Neuanfang war torpediert von einer kleinen kurzen bösen Bemerkung von Frau Henschel, von ihr mit allem Bedacht gestreut, und dem folgenden Geschrei von Herrn Corts.
Auf der anderen Seite aber gab es Verstöße gegen die Kirchenordnung erheblichen Ausmaßes. Sie fallen in die Verantwortung dieser Vorsitzenden und des Bauausschusses. Mitglieder sind Beig, Henschel und Pulwey-Langerbeins. Bei einem Gespräch im Landeskirchenamt wurde ich gebeten, die betreffenden Bauakten, bzw. was davon existiert, einzureichen. Dabei wurde durch den Superintendenten nichts untersucht, obwohl sich unsere Finanzverwaltung in dem Haus befindet, dem er vorsitzt und damit die letzte Verantwortung hat. Hier wird offenbar alles unter den Tisch gekehrt, auch strafrechtlich relevantes Verhalten, das die Kirchengemeinde Eitorf große Summen Geldes gekostet hat. Dreimal musste ich an das Landeskirchenamt schreiben, bis ich die Bestätigung bekam, dass ich die Bauakten eingereicht hatte. Schließlich, da von kirchlicher Seite nichts zur Aufklärung unternommen wurde, habe ich die Staatsanwaltschaft Bonn von den Vorgängen in Kenntnis gesetzt. In engem zeitlichem Zusammenhang damit war plötzlich das Thema Abberufung auf der Tagesordnung – nicht für die Kollegin, die über 10 Jahre hinweg die Gemeinde gezielt gespalten hat, sondern für mich, der nach Meinung der meisten Gemeindeglieder hier sehr gedeihlich gearbeitet hat und arbeitet.
Nach dem Predigtverbot im Januar 2008 ergriff Herr Gotter erneut die Initiative. Unter seiner Leitung wurde eine vom Presbyterium und von mir akzeptierte Erklärung erarbeitet, die am Tage der Kandidatenvorstellung vor den Presbyteriumswahlen 2008 der Gemeinde im Gottesdienst präsentiert wurde. Der Wortlaut der Erklärung ist in der Anlage beigefügt. Bei den Wahlen drückte sich der Unmut der Gemeinde gegenüber den amtierenden Presbytern klar im Abstimmungsverhalten aus. Von acht amtierenden Presbytern wurden nur vier wiedergewählt. Und sie nur, nachdem sie der Gemeindeversammlung vor dem Altar gelobt hatten, mit mir als Pfarrer bis zu meiner Pensionierung gut zusammenzuarbeiten und wesentliche Konfliktfragen lösen zu wollen. Die Stimmenzahlen bei den Wahlen sprechen eine deutliche Sprache: Sie erhielten deutlich weniger Stimmen als die Neuen. Das gegebene Versprechen wurde schon in der konstituierenden Sitzung des neuen Presbyteriums gebrochen. Bei den Altpresbytern war überhaupt keine Bereitschaft zu einem Neuanfang zu erkennen. Es gab nach der Wahl eine ganze Reihe von Versuchen von meiner Seite, von Seiten Herrn Gotter, Frau Wagner und Frau Schaumann, das Gespräch am runden Tisch zu initiieren, die Beteiligten zusammen zu bringen. Es gab keinen einzigen Versuch des Presbyteriums! Stattdessen besuchte man keinen einzigen meiner Gottesdienste und blockierte mit allen Mitteln meine Gemeindearbeit. Von meiner Seite wurde der Dienst in der Gemeinde in absolut gedeihlicher Weise fortgesetzt.
In der so genannten Erklärung vom 8. März 2009, vorgetragen auf der Gemeindeversammlung in verteilten Rollen über 45 Minuten, später abgedruckt im Gemeindebrief in 2.500 Exemplaren und in alle Häuser der Gemeinde verteilt, im Internet verbreitet, werde ich systematisch verleumdet. Die Kirchenleitung war anwesend. Ihre Vertreter haben es geduldet. Mir wurden durch Herrn Dembeck tatsächlich 6 Minuten Stellungnahme zu einer Erklärung zugestanden, die mir in der Gemeindeversammlung erstmalig präsentiert wurde. Eine Gruppe von Claqueuren (der Dirigent stand vor der ersten Reihe und feuerte an, darüber hinaus glänzte er mit 9 Wortmeldungen, er wurde immer aufgerufen) versuchte den Eindruck zu erwecken, man repräsentiere die Mehrheit der Gemeinde in der Versammlung. Die gottesdienstliche Gemeinde war von dieser Situation völlig überrascht und auch überfordert. Die Gegenseite hatte den Gottesdienst völlig gemieden. Im Anschluss an einen Gottesdienst im Haus nebenan niedergeschrieen oder tätlich angegangen zu werden, ist auch einer Gemeindeversammlung unwürdig. Ich habe volles Verständnis, dass nur wenige den Mut hatten, sich zu Wort zu melden.
Beweise für mein angebliches Fehlverhalten, die eine Abberufung rechtfertigen, fehlten und fehlen weiterhin. Mein Anliegen, eine presserechtliche Gegendarstellung zu erreichen, wurde bisher vom Presbyterium nicht beantwortet. In der Gemeindeversammlung, wo man meine geplante Abberufung hätte ansprechen müssen, geschah dies nicht. Warum wohl? Das Presbyterium hätte sich dann sein Fehlverhalten vorhalten lassen müssen! Nebenbei bemerkt, ist das Schweigen über meine geplante Absetzung in der Gemeindeversammlung ein Verstoß gegen die Kirchenordnung. Ich erwarte von der Kirchenleitung, dass sie dies deutlich macht und den Antrag auf Abberufung zurück weist. Weiterhin erwarte ich, dass das Verhalten von Frau Pulwey-Langerbeins und das Verhalten der Presbyter untersucht wird und ggf. Artikel 48 der Kirchenordnung zur Anwendung kommt.
gez. Pfarrer Rolf Thumm