Kämpfen für Gerechtigkeit
Auf der Kundgebung vom 14.11.2009 hat Angela Thumm vor dem Rathaus in Eitorf die nachfolgende Rede gehalten:
Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Freunde,
Als ich mich vor 21 Jahren entschloss, ehrenamtlich in der Gemeinde zu arbeiten, hätte ich nie gedacht, dass ich eines Tages so unchristlich vor die Türe gesetzt werden könnte. Damals lehnte ich ein Angebot in der Schule zu arbeiten ab. Wir wollten ein Zeichen setzen. Wir wollten keine Doppelverdiener sein. Das Gehalt eines Pfarrers reicht aus für eine Familie.
Die ersten 13 Jahre hatten wir viel Freude an unserer Arbeit. Aber dann – nach der Ankunft von Frau Pulwey-Langerbeins in der Gemeinde – verspürten wir Gegenwind. Im Untergrund wurde gegen uns gearbeitet. Leute wurden gegen uns aufgebracht. Menschen, mit denen wir sehr vertraut gewesen waren, grüßten plötzlich nicht mehr. Sie waren mit Frau Pulwey-Langerbeins auf einer Freizeit gewesen. Besonders schmerzlich: selbst Menschen, deren Angehörige wir auf dem Sterbebett begleitet hatten, hetzten plötzlich gegen uns, ja brachten andere gegen meinen Mann und mich auf.
Die Intrigen spitzten sich zu. Schließlich wurde sogar unser Jugendfreizeitprojekt auf Anraten des Superintendenten vom Presbyterium gestoppt. Wieviele Jugendliche waren von der evangelischen Kirche enttäuscht. Sie wussten nicht mehr, wie sie die Sommerferien verbringen sollten. Zu einem Zeitpunkt, als ganz Deutschland über die Probleme der Jugend diskutierte, wurde dieses erfolgreiche Projekt eingestellt. Aber Menschen, die auf der Strecke bleiben, sind dem Presbyterium gleichgültig. Hauptsache, man setzt sich einmal gegen Pfarrer Thumm durch.
Mehr und mehr wurde unsere Arbeit bekämpft. Helferinnen des Kindergottesdienstes verließen den Vorbereitungskreis, ohne einen Augenblick an die Kinder und die Inhalte der Arbeit zu denken. Presbyterinnen verließen die Frauengruppe nach 20 Jahren. Gefragt nach der Begründung: „Wir dürfen nichts sagen.“ In Wirklichkeit verbreiten sie auf den Straßen Eitorfs abenteuerliche Gerüchte über uns. Die gezielte üble Nachrede fand ihren Höhepunkt in der Erklärung des Presbyteriums vom 8. März. Dort wurde mein Mann 45 Minuten lang verleumdet. Die Kirchenleitung war anwesend und hat es geduldet. Wie fürsorglich!
Dann kam der Antrag auf Abberufung meines Mannes und „schnellstmögliche Beurlaubung“. Können Sie sich vorstellen, was es für einen Menschen bedeutet, der Tag und Nacht für die Gemeinde da war, nicht mehr arbeiten zu dürfen. Ich tröstete ihn, indem ich anfing, Teile seiner Arbeit zu übernehmen.
Eines Abends kamen wir nicht mehr ins Gemeindeamt. Die Schlösser waren ausgetauscht. Wir wurden behandelt wie Verbrecher. Am nächsten Morgen bat ich den Hausmeister die Kirche für Treffen einsamer Menschen aufzuschließen. Ich durfte nicht. So erfuhr ich, dass auch mir die Arbeit in der Gemeinde untersagt worden war. Wie geht man in dieser Kirche mit Menschen um?
Meine Theatergruppe fand Asyl in den Räumen der Kunstgalerie. Aber Anfang November erhielt ich einen Brief vom Vorsitzenden des Sozialverbandes. Der Auftritt meiner Theatergruppe bei der Adventsfeier sei nicht mehr erwünscht. Begründung: Man wolle sich aus dem Konflikt in der Kirche heraushalten. Wörtlich: „Nichts gegen Sie, Frau Thumm, aber an Ihnen haftet ein Makel: Der Name Thumm.“ Ich war sprachlos. Wie hatten sich die Jugendlichen auf diesen Auftritt vorbereitet und gefreut?
Ich frage mich, was wir noch alles ertragen müssen?
Wir werden weiter kämpfen!
Ich gebe nicht auf, bis mein Mann rehabilitiert ist.
(Angela Thumm)